Unternehmensnachfolge in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)



Mögliche Nachfolgeregelungen und Möglichkeiten  der Finanzierung

 

In Deutschland wird jährlich in über 60.000 bis 80.000 Familienunternehmen ein Nachfolger gesucht. Da die eigenen Kinder sehr oft eine andere Vorstellung vom zukünftigen Leben haben ist eine familieninterne Nachfolge häufig nicht möglich.

 

Was bleibt ist in der Regel eine familienexterne Nachfolgeregelung. Es erfolgt eine Trennung von Familie und Unternehmen.

Die Führung und das Kapital des Unternehmens werden an Dritte übergeben.

Hierbei kann die Übergabe an eigene Mitarbeiter, aber auch an unternehmensfremde Personen, Strategische Investoren

(z.B. Wettbewerber, Lieferanten oder Kunden), aber auch an Finanzinvestoren erfolgen.

 

Alternativ wäre die Implementierung eines Fremdmanagements denkbar. Die Führung wird an einen angestellten Geschäftsführer übergeben. Das Kapital bleibt in der Familie. Diese Variante stellt beim Verkauf eines KMU-Unternehmens eher die Ausnahme dar.

 

Die Suche nach einem geeigneten Nachfolger in einem kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist ein äußerst komplexes und auch wohl einmaliges Vorhaben. Der Nachfolgeprozess sollte deshalb nicht zu spät oder unprofessionell aufgenommen werden. Dies kann das Aus für das betroffene Unternehmen bedeuten. Eine Schließung des Unternehmens  oder eine Insolvenz könnte die Konsequenz sein.

 

Der Prozess der Unternehmensnachfolge sollte deshalb sorgfältig und zügig angegangen werden, damit der Unternehmenswert nicht sinkt und das Unternehmen selbst beim Nachfolgeprozess keinen Schaden erleidet.

 

Der Kauf eines am  Markt bekannten Unternehmens stellt für einen potenziellen Käufer möglicherweise eine sinnvolle Alternative zur Neugründung bzw. zur Erweiterung der eigenen Kapazitäten dar.

Umsatz- und Ertragsziele lassen sich so schneller erreichen. Ein Scheitern am Markt ist gegenüber einer Neugründung als wesentlich geringer einzustufen.

 

Betrachtet wird nun beispielhaft der Verkauf eines Zerspanungsunternehmens in der Rechtsform einer GmbH an einen Existenzgründer.

 

Das Unternehmen erwirtschaftete in den letzten Jahren durchschnittlich bei einen Jahresumsatz in Höhe von ca. 1,8 Mio Euro einen Jahresüberschuss von ca. 0,1 Mio Euro. Das gemittelte und gewichtete EBIT der letzten drei Jahre lag bei ca. 0,15 Mio Euro.

EBIT steht für „earnings before interest and taxes“, dem Gewinn vor Zinsen und Steuern.

 

Der Existenzgründer, der Käufer des Unternehmens, kam aus der Zerspanungsbranche und konnte eine langjährige praktische Tätigkeit in einem ähnlich gelagerten Unternehmen nachweisen. Diese war eine wesentliche Voraussetzung für die Finanzierung des Kaufpreises durch die entsprechenden Institute.

 

Die  eigentliche  Herausforderung eines Unternehmensverkaufs stellt die Suche nach einem finanziell potenten und fachlich geeigneten Käufers dar. Sollte sich im Umfeld des Unternehmens kein geeigneter Kandidat befinden, bleibt für den Verkäufer im Wesentlichen nur der Weg über qualifizierte und seriöse Unternehmensberatungen und deren Netzwerke.

 

Ein weiterer wesentlicher Diskussionspunkt bei einer Unternehmenstransaktion ist der Kaufpreis. Hier gehen in der Regel die Vorstellungen von Käufer und Verkäufer weit auseinander.

Grundsätzlich gilt jedoch: Ein Unternehmen ist so viel wert, wie jemand bereit ist dafür zu bezahlen.

 

 

Einen Anhaltspunkt zur Berechnung des Unternehmenswertes liefern die verschiedenen Verfahren der Unternehmensbewertung. Das Multiplikatorverfahren ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen geeignet. 1

 

Ausgangspunkt der Überlegungen ist der berechnete EBIT der letzten Jahre. In unserem Fall 0,15 Mio Euro.

Dieser wird nun um außerordentliche Erträge und Aufwendungen bereinigt. Bei einem Einzelunternehmen wird beispielsweise das Gehalt des Inhabers, welches nicht in den Personalkosten der Gewinn- und Verlustrechnung  enthalten ist, vom ermittelten EBIT abgezogen.

 

Dieser Wert wird dann mit unterschiedlichen Faktoren, den sogenannten „Finance Multiples“ multipliziert.

Dabei handelt es sich um branchenspezifische Multiplikatoren, die in regelmäßigen Abständen im Internet neu veröffentlicht werden.

Die jeweils aktuelle Version der „Finance Multiples“ kann unter www.finance-magazin.de heruntergeladen werden.

Bei unserem Zerspanungsunternehmen handelt es sich um einen sogenannten Small-Cap, ein Unternehmen mit weniger als 50 Millionen Euro Umsatz und um ein Unternehmen des Maschinenbaus. Die entsprechenden Multiplikatoren liegen für den Monat Juli/August 2016 zwischen 6,7 und 8,3.

Bei der entsprechenden Multiplikation würde sich ein Unternehmenswert zwischen 0,94 Mio Euro und 1,24 Mio Euro ergeben.

Der ermittelte Unternehmenswert muss jetzt noch um die Nettofinanzverschuldung bereinigt werden. Sie ergibt sich als Differenz zwischen den zinstragenden Verbindlichkeiten und der überschüssigen Liquidität.

 

Setzt man in unserem Fallbeispiel die überschüssige Liquidität gleich Null und berücksichtigt die Bankverbindlichkeiten mit 0,2 Mio €uro so ergibt sich ein Eigenkapitalwert zwischen 0,74 Mio €uro und 1,04 Mio Euro.

Selbst der Wert von 0,74 Mio ist in der Praxis nur schwer zu erzielen. Insbesondere Inhaber- und Kunden- abhängigkeit reduzieren den Kaufpreis noch einmal. In unserem dargestellten Fall einigten sich Verkäufer und Käufer auf einen Verkaufspreis von 0,5 Mio €uro.

 

Dieser Kaufpreis muss nun durch den Käufer finanziert werden.

Die Finanzierung einer Existenzgründung sollte in der Regel durch ca. 15% Eigenkapital mitgetragen werden.

Die restlichen 85% des vereinbarten Kaufpreises können ergänzend durch öffentliche Förderprogramme der Länder und des Bundes über die Hausbank finanziert werden. Als Hausbank agieren hauptsächlich die Volksbanken und die Sparkassen.

Anträge für die Start- und Gründungsfinanzierung werden von der Hausbank an die Förderbanken gestellt, darunter hauptsächlich die KfW und/oder die L-Bank in Baden-Württemberg und je nach Programm von den Bürgschaftsbanken mit einem gewissen Prozentsatz verbürgt.

Informationen zu den vielfältigen Finanzierungsmöglichkeiten findet man auf folgenden Internetseiten:


www.kfw.de

www. l-bank.de

 

Auch die Finanzierung in unserem Beispiel erfolgte nach dem vorgestellten Schema.

 

In Deutschland gibt es sowohl für Verkäufer, Käufer und Existenzgründer eine Vielzahl von Möglichkeiten sich bei Ihrem Vorhaben beraten zu lassen.

 

Besonders erwähnt werden, sollen die beiden Programme

 

Existenzgründungsgutscheine (www.steinbeis-exi.de)

 

und

 

das ESF Coaching-Programm Unternehmensübergaben (www.esf-bw.de)

 

 

 

 

1  Plum, Gehrer, Schmidt, Existenzgründung für Hochschulabsolventen, Haufe Verlag, 2016